„Cafe
Bahiamar“ von Sven Werner ist eine spannende und amüsante Geschichte, die in
der historischen Altstadt Salvador da Bahia in Brasilien spielt. Furcht, Mord,
Verwirrung und Diebstähle beherrschen die Geschehnisse. Können die
afro-brasilianischen Götter da noch helfen?
Salvador da Bahia im Juli 2001. Es sind bewegte Zeiten.
Die Polizei streikt, und es kommt zu Plünderungen und Raubmorden. Angst und Chaos herrschen in den Gassen der brasilianischen Hafenstadt. Dann stirbt ein Schriftsteller, ein Mädchen namens Lena verschwindet spurlos, und ganz nebenbei fällt das World Trade Center in New York in sich zusammen. Jetzt helfen nur noch die afro-brasilianischen Götter.
Ein spannender und zugleich unterhaltsamer Tatsachenroman vor der Kulisse der historischen Altstadt von Salvador da Bahia.
AUS DEM BUCH
Leseprobe:
„Uma cerveja, por favor“, ein Bier, bitte.
Wilson langte sofort hinter sich in den Kühlschrank mit der Coca-Cola-Reklame, griff nach einer Dose und stellte sie auf den Tresen, unmittelbar dorthin, von wo die Stimme – es war wohl ein deutscher Akzent – gekommen war. „Um e cinquenta“, einsfünfzig.
Sein Blick steuerte von der Dose in das Angesicht seines Gegenübers, das er erst in diesem Moment wirklich wahrnahm. Der Mann, der ihm jetzt genau einen Real und fünfzig Centavos in abgezählten Münzen herüberschob, war vielleicht Anfang dreißig. Er war von untersetzter, fülliger Statur. Sein kurzrasiertes dunkelblondes Haar ließ unverhüllt seinen etwas trockenen Gesichtsausdruck mit der runden Brille und den glasblauen Augen hervortreten. Ein ehrlicher Mann, ein Deutscher. Die nackten Wangen würden in zehn Jahren wahrscheinlich zu einem Doppelkinn zerflossen sein.
„Deutsch?“, fragte Wilson und drehte den Wasserhahn auf.
Der trockene Gesichtsausdruck erhellte sich, indem sich die breite Stirn über den überraschten Augenbrauen in verwunderte Falten legte. „Ja, ich komme aus der Nähe von Frankfurt. Woher wissen Sie das?“ Die Dose öffnete sich mit einem lauten Krachen.
Wilson war in den Jahren, die er als Barmann in dem Café auf dem Pelourinho verbracht hatte, einem Gewimmel von Menschen aus aller Welt begegnet. Er konnte Menschen, die er noch nie gesehen hatte, in Sekundenschnelle einordnen. Nicht selten vertrieb er sich die Zeit damit, sie zu beobachten, ihre Sprache und Herkunft zu erraten und dem ein oder anderen in Gedanken eine Geschichte auf die Nase zu binden. Es war fast schon so eine Art Spiel daraus geworden. In dem Spiel lag eigentlich kein tieferer Sinn, allenfalls ein besonderer Reiz. Um ihm aber wenigstens einen Anschein von Sinnhaftigkeit zu geben, nannte Wilson es einfach „Menschenraten“.
Der Pelourinho, das historische Zentrum Salvadors, war Anlaufstelle für Hunderttausende von Touristen im Jahr. Viele von ihnen waren auf der Durchreise und machten hier Station auf ihrem Weg entlang der brasilianischen Küste von Süden nach Norden oder von Norden nach Süden. Die meisten hielten es aber nicht länger als ein paar Tage hier aus und waren dann plötzlich wieder verschwunden.
„Ich glaube, Ihre blauen Augen haben Sie verraten. Schon lange hier?“
„Nein, erst seit gestern. Übermorgen fliege ich schon wieder weiter nach Recife.“ Der Deutsche nahm einen kräftigen Schluck aus der Dose. „Und Sie? Arbeiten Sie schon lange hier?“
Wilson nahm ein Whiskeyglas und trocknete es ab. Er überlegte einen Moment. „Drei Jahre vielleicht. Zu lange jedenfalls.“
Die Dose landete mit einer lässigen Handbewegung auf dem polierten Thekenholz. „Wow!“, dröhnte dem Barmann ein tiefer Bass entgegen. „So viel Zeit wie Sie müsste man haben. Nicht schlecht, und das bei all den schönen Frauen hier …“ Er zwinkerte ihm mit dem rechten Auge vielsagend zu, als wüsste Wilson schon worum es ging. Dabei verzog sich sein verschwitztes Gesicht zu einem breiten Grinsen, und noch bevor Wilson sein „Ja, aber …“ herausbrachte, nahm dieser schon die Dose, die sowieso schon fast leer war, blickte flüchtig zum Ausgang und streckte ihm die Hand entgegen. „So, jetzt muss ich aber, hab noch was vor heute Abend. War nett, mit Ihnen zu plaudern. Hasta mañana“, sagte er – in Verkennung der Tatsache, dass man in Brasilien Portugiesisch spricht und nicht Spanisch.
Wilson zuckte nur kurz mit den Schultern, stellte sein trockenes Whiskeyglas in die Vitrine, tat einen weiten Schritt in Richtung Hand und schlug ein. „Até amanhã então”, bis morgen. Er sah zu, wie der Dicke zur Tür hinauswankte, sich noch einmal grinsend umsah und dann in der Dämmerung verschwand.
Sein Chef Marcel wollte ihn am Abend zu einem Drink überreden. Wilson war aber nicht in Stimmung. Heute nicht. Stattdessen schlenderte er durch das Auf und Ab der Gassen Pelourinhos nach Hause."
Sven Werner
Café Bahiamar
Nur ein bisschen Gaunerei…
Tatsachenroman
hnb-verlag, Berlin
1. Auflage, 2014, 200 Seiten
ISBN 978-3-944266-25-1
€ 12,90 (D) / € 13,90 (A) / sFr 18,50
Erhältlich in jeder Buchhandlung, im Online-Buchhandel
sowie bei http://www.hnb-shop.de
Salvador da Bahia im Juli 2001. Es sind bewegte Zeiten.
Die Polizei streikt, und es kommt zu Plünderungen und Raubmorden. Angst und Chaos herrschen in den Gassen der brasilianischen Hafenstadt. Dann stirbt ein Schriftsteller, ein Mädchen namens Lena verschwindet spurlos, und ganz nebenbei fällt das World Trade Center in New York in sich zusammen. Jetzt helfen nur noch die afro-brasilianischen Götter.
Ein spannender und zugleich unterhaltsamer Tatsachenroman vor der Kulisse der historischen Altstadt von Salvador da Bahia.
AUS DEM BUCH
Leseprobe:
„Uma cerveja, por favor“, ein Bier, bitte.
Wilson langte sofort hinter sich in den Kühlschrank mit der Coca-Cola-Reklame, griff nach einer Dose und stellte sie auf den Tresen, unmittelbar dorthin, von wo die Stimme – es war wohl ein deutscher Akzent – gekommen war. „Um e cinquenta“, einsfünfzig.
Sein Blick steuerte von der Dose in das Angesicht seines Gegenübers, das er erst in diesem Moment wirklich wahrnahm. Der Mann, der ihm jetzt genau einen Real und fünfzig Centavos in abgezählten Münzen herüberschob, war vielleicht Anfang dreißig. Er war von untersetzter, fülliger Statur. Sein kurzrasiertes dunkelblondes Haar ließ unverhüllt seinen etwas trockenen Gesichtsausdruck mit der runden Brille und den glasblauen Augen hervortreten. Ein ehrlicher Mann, ein Deutscher. Die nackten Wangen würden in zehn Jahren wahrscheinlich zu einem Doppelkinn zerflossen sein.
„Deutsch?“, fragte Wilson und drehte den Wasserhahn auf.
Der trockene Gesichtsausdruck erhellte sich, indem sich die breite Stirn über den überraschten Augenbrauen in verwunderte Falten legte. „Ja, ich komme aus der Nähe von Frankfurt. Woher wissen Sie das?“ Die Dose öffnete sich mit einem lauten Krachen.
Wilson war in den Jahren, die er als Barmann in dem Café auf dem Pelourinho verbracht hatte, einem Gewimmel von Menschen aus aller Welt begegnet. Er konnte Menschen, die er noch nie gesehen hatte, in Sekundenschnelle einordnen. Nicht selten vertrieb er sich die Zeit damit, sie zu beobachten, ihre Sprache und Herkunft zu erraten und dem ein oder anderen in Gedanken eine Geschichte auf die Nase zu binden. Es war fast schon so eine Art Spiel daraus geworden. In dem Spiel lag eigentlich kein tieferer Sinn, allenfalls ein besonderer Reiz. Um ihm aber wenigstens einen Anschein von Sinnhaftigkeit zu geben, nannte Wilson es einfach „Menschenraten“.
Der Pelourinho, das historische Zentrum Salvadors, war Anlaufstelle für Hunderttausende von Touristen im Jahr. Viele von ihnen waren auf der Durchreise und machten hier Station auf ihrem Weg entlang der brasilianischen Küste von Süden nach Norden oder von Norden nach Süden. Die meisten hielten es aber nicht länger als ein paar Tage hier aus und waren dann plötzlich wieder verschwunden.
„Ich glaube, Ihre blauen Augen haben Sie verraten. Schon lange hier?“
„Nein, erst seit gestern. Übermorgen fliege ich schon wieder weiter nach Recife.“ Der Deutsche nahm einen kräftigen Schluck aus der Dose. „Und Sie? Arbeiten Sie schon lange hier?“
Wilson nahm ein Whiskeyglas und trocknete es ab. Er überlegte einen Moment. „Drei Jahre vielleicht. Zu lange jedenfalls.“
Die Dose landete mit einer lässigen Handbewegung auf dem polierten Thekenholz. „Wow!“, dröhnte dem Barmann ein tiefer Bass entgegen. „So viel Zeit wie Sie müsste man haben. Nicht schlecht, und das bei all den schönen Frauen hier …“ Er zwinkerte ihm mit dem rechten Auge vielsagend zu, als wüsste Wilson schon worum es ging. Dabei verzog sich sein verschwitztes Gesicht zu einem breiten Grinsen, und noch bevor Wilson sein „Ja, aber …“ herausbrachte, nahm dieser schon die Dose, die sowieso schon fast leer war, blickte flüchtig zum Ausgang und streckte ihm die Hand entgegen. „So, jetzt muss ich aber, hab noch was vor heute Abend. War nett, mit Ihnen zu plaudern. Hasta mañana“, sagte er – in Verkennung der Tatsache, dass man in Brasilien Portugiesisch spricht und nicht Spanisch.
Wilson zuckte nur kurz mit den Schultern, stellte sein trockenes Whiskeyglas in die Vitrine, tat einen weiten Schritt in Richtung Hand und schlug ein. „Até amanhã então”, bis morgen. Er sah zu, wie der Dicke zur Tür hinauswankte, sich noch einmal grinsend umsah und dann in der Dämmerung verschwand.
Sein Chef Marcel wollte ihn am Abend zu einem Drink überreden. Wilson war aber nicht in Stimmung. Heute nicht. Stattdessen schlenderte er durch das Auf und Ab der Gassen Pelourinhos nach Hause."
Sven Werner
Café Bahiamar
Nur ein bisschen Gaunerei…
Tatsachenroman
hnb-verlag, Berlin
1. Auflage, 2014, 200 Seiten
ISBN 978-3-944266-25-1
€ 12,90 (D) / € 13,90 (A) / sFr 18,50
Erhältlich in jeder Buchhandlung, im Online-Buchhandel
sowie bei http://www.hnb-shop.de
ZUM AUTOR
Geboren
1974 in Marburg, studierte Sven Werner Germanistik, Pädagogik,
Politikwissenschaften, Musikpädagogik und Romanistik in Münster. Nach mehreren
Auslandsaufenthalten unter anderem in Afrika und Brasilien, einer
zwischenzeitlichen Tätigkeit als Entwicklungshelfer und freischaffender Lektor
arbeitete er längere Zeit als Lehrer, bevor er sich schließlich voll und ganz
der Schriftstellerei widmete. Er ist mit einer Brasilianerin verheiratet. Zum
Zeitpunkt der Terroranschläge in New York am 11. September 2001 befand sich
Sven Werner gerade in Salvador da Bahia und hatte dadurch Gelegenheit, in der
für ihre Weltoffenheit und ihren Kosmopolitismus bekannten brasilianischen
Hafenstadt die Eindrücke und Reaktionen der Menschen direkt vor Ort
wahrzunehmen.
Rezension
Da
ich auch ein Liebhaber von Brasilien bin und schon 8 x in diesem schönen Land
war, davon schon 4 mal auch in Bahia, hat es mich gefreut, dieses schöne und
spannende Taschenbuch lesen zu dürfen. Ich habe auch den Amazonas bereist und
werde sicherlich immer wieder nach Brasilien fliegen.
Fazit:
Das
Buch ist sehr spannend und fesselnd beschrieben. Die Protagonisten sind sehr
gut dargestellt und man kann sich sehr gut in das Geschehen von Salvador de
Bahia hineinversetzen. Da hier auch noch reale Ereignisse (z.B. Anschlag auf
das World-Trade Center, um nur ein Beispiel zu nennen) beschrieben werden,
entwickelt sich das Buch zu einem spannenden Krimi. Der Schreibstil von Sven
Werner ist flüssig und gut lesbar. Die Protagonisten sind durchaus als spannend
und charakteristisch sehr gut zu beschreiben.
Salvador de Bahia ist mir selbst hinreichend bekannt von seinem Straßenkarneval, da sich hier alles auf der
Straße abspielt und nicht wie in Rio in einer Samba-Arena. Aber auch ansonsten
ist das Treiben sehr bunt in dieser Stadt. Man muss es einfach selbst erlebt
haben, denn nur dann kann man auch mitreden bei diesem Buch.
Eines haben Sven Werner und ich
gemeinsam – wir sind beide in Marburg geboren, dies ist aber zufällig – und ich
lebe dort auch noch immer.
Von mir
bekommt das Buch eine absolute Empfehlung und 5 Sterne.
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